Breithorn

22 Summits Stories

Blind aufs Breithorn

 

Um sieben Uhr morgens am 20. Juni 2016 machte sich eine ganz besondere Seilschaft auf den Weg auf das Breithorn, einer der 22 4000er Gipfel rundum Zermatt. Die Seilschaft war besonders, da der einheimische Bergführer Norbert Julen, sowie der niederländische Bergführer Jelle Staleman zwei Blinde Brüder auf das Breithorn geführt hat.

 

Die Brüder Marnix und Reinoud, damals 22 und 15 Jahre alt leiden an LHON, der Leber'schen Hereditären Optikus-Neuropathie, eine seltene Erbkrankheit, die innerhalb kurzer Zeit zu einem Verlust des zentralen Sehvermögens führt.

 

Um 10.00 Uhr, kurz bevor die Seilschaft den Gipfel erreicht fragte Marnix sein Bergführer Norbert, was los sei. Er sagte: '20 Meter neben uns geht es einen Kilometer runter.' Diese Information konnte ich in dem Moment so gar nicht gebrauchen. Unsere anderen Sinne sind wesentlich besser ausgebildet als bei gesunden Menschen, aber immerhin konnte ich bis zum zwanzigsten Lebensjahr sehen. Ich habe im Gehirn visuelle Komponenten abgespeichert. Ich habe ein Gefühl für das, was in den Bergen abgeht. Das verbindet sich mit dem, was mir die Bergführer über die Umgebung erzählt haben.

 

Dann endlich um 10.30 erreichten Sie den Gipfel. Marnix erzählt: „Es war eine unheimliche gute Lebenserfahrung. Ich hatte in zwei Jahren einen Grossteil meiner Sehfähigkeit eingebüsst. Was ich mir damals zurückerobert habe, war wieder Skifahren zu gehen. Es ist immer sehr viel mehr möglich, als man zunächst denkt – und die Breithorn-Besteigung gehört dazu. Ich habe einen 4000er Berg bestiegen! Dagegen sind kleinere Dinge wie Studieren und Arbeiten gar nichts.“ Die Liebe zur Natur und das Skifahren verbindet die niederländischen Brüder heute noch sehr.