Obergabelhorn

22 Summits Stories

Bergrettung anno dazumal am Obergabelhorn

 

Eine der schwierigsten Bergrettungen der Dorfgeschichte gelang 1959. Es war Ende Juli, als der 26-jährige Alex Perren, Nachfahre der Matterhorn-Erstbesteiger Taugwalder, mit einem Gast unterwegs zum Obergabelhorn war und an der Südwand verunfallte. Durch seinen Gast, der unverletzt war und sich einer anderen Seilschaft anschliessen konnte, nahm man in Zermatt davon Kunde. Doch Stunden nach dem Unfall waren die Wetterbedingungen noch immer so schlecht, dass sich der Rettungstrupp nicht an den Berg wagen konnte. Es schneite zu heftig. Es war eine Zeit, in der Verletzte oder Tote am Berg noch auf dem Rücken hinuntergetragen werden mussten, bevor man sie auf Maultiere umladen konnte. Es dauerte oft sehr lange, bevor die Verantwortlichen der Bergrettung überhaupt von einem Unfall erfuhren, da erst in den Hütten ein Funktelefon zur Verfügung stand. Helikopter waren in Zermatt noch nicht stationiert und auch als es ab 1965 einen Rettungshelikopter in Sion gab, waren die Wetterverhältnisse oft so bestellt, dass dieser nicht starten und nach Zermatt fliegen konnte.

 

Alex Perren erinnert sich an die ausweglose Situation: Er lag mit offenem Beinbruch im Schneetreiben, ass seinen letzten Proviant, trank seinen kleinen Schnaps und erinnerte sich an sein schönes, jedoch hartes Leben als Kind von Zermatter Bergbauerrn. Er war bereit zu sterben als völlig unverhofft nach 16 Stunden seine Bergführerkollegen Thomas Biner, Gottlieb Perren, Josef Biner, Adolf Schaller, Josef Petrig und Herbert Graven auftauchten. Sie hatten sich trotz starken Schneefalls aufgemacht und fanden den stark unterkühlten Alex Perren. Nach 24 Stunden kam die zweite Rettungsmannschaft bestehend aus Beni Perren, Heinrich Taugwalder und Josef Fux an. Nach 38 langen Stunden waren sie endlich zurück im Dorf. Der linke Unterschenkel von Alex Perren war erfroren und bereits schwarz, weshalb man amputieren musste. Er war lange im Krankenhaus, erhielt nach 18 Monaten eine Prothese. Sein Bergführertraum war zu ende, doch Alex Perren, der mit bereits 19 Jahren der jüngste diplomierte Skilehrer und Bergführer in Zermatt war, gab nicht auf und fuhr bereits eine Woche danach dem Krankenhausaufenthalt Ski.

 

Er beschloss Hotelier zu werden und baute ein ansehnliches Chalet Hotel. Bald lernte er seine österreichische Frau Gisela kennen, mit der er das Haus führte. Das Hotel Alex entwickelte sich bald zu einem Hot Spot des Zermatter Nachtlebens. In 70er und 80er Jahren gaben sich VIPs wie Peter Gabriel, Bob Geldorf, Roger Taylor (Queen) und viele mehr. So kam es, dass ein Bergführer zum Hotelier wurde - und ein Hotelier mit nur einem Bein zum Gründer einer angesagten Dancing-Location von Zermatt.

 

Weiterlesen

Fokus Matterhorn: Zermatter Geschichte und Geschichten. Verein Bergbibel. Rotten Verlag, Visp 2015.
Hermann Biner: Das Matterhorn und seine Bergführer. Rotten Verlag, Visp 2015.
Beat H. Perren: Pioniere der Bergrettung. Co-Autoren: Luzius Theler, Gerold Biner. Rotten Verlag, Visp 2018.