Täschhorn

22 Summits Stories

Ein Bergführer aus Täsch erzählt


Das Täschhorn ist der Hausberg der „Täschini“. Mit seinen 4'491 m ist er ein gewaltiger, ein anspruchsvoller Berg. Ob Teufelsgrat, Mischabelgrat (Normalroute), Nordgrat, Westgrat zum Südostgrat oder Kinflanke: Alle Routen sind lang, die Touren sind wegen der Felsbeschaffenheit heikel. Das wird durch die Erwärmung des Klimas und das Abtauen des Permafrostes nicht besser. „Die alten Bergführer haben immer gesagt, man solle so lange auf dem Grat bleiben wie möglich, denn dort ist das Gestein gut. Sobald man in die Flanken geht, wird es brüchig“, sagt Helmut Lerjen, Bergführer und Bergretter aus Täsch.

Lerjen, der seit 1999 das Bergführer-Patent innehat, weiss, wovon er spricht: Er hat alle klassischen Grate und die Kinflanke begangen. So nahm er gemeinsam mit seinem Freund, dem Bergführer Michael Lauber, im Jubiläumsjahr 2017 zum Gedenken an die Erstbesteigung des Teufelsgrats vom 29. August 1887 die schwierige Tour wieder unter die Füsse. Sie gilt als eine der längsten und schwersten Grattouren der Walliser Alpen. Im Sommer 2018 hat Lerjen mit Roger Willisch das Täschhorn als Tagestour bestiegen: Start- und Endpunkt war die Dorfkirche in Täsch.

Helmut Lerjens Vorbild ist sein Onkel, der Bergführer Alfons Lerjen. Er war 1971 bis 1991 Hüttenwart der Täschhütte. Alfons Lerjen gelangen Erstbegehungen am Alphubel und in Südamerika – und er hat den Teufelsgrat mit Gästen 13 Mal bestiegen. Der Neffe war von klein auf fasziniert von den Geschichten seines Onkels. Dessen Nachlass hütet er wie einen Schatz - wertvolle Dokumente der lokalen alpinistischen Geschichte - aus Zeiten, in denen die Bergrettung noch ohne Helikopter bewerkstelligt werden musste. Am Chummbodmuschtei oberhalb der Täschhütte hat Helmut Lerjen im Alter von acht Jahren seine ersten Kletterversuche unternommen.

2011 kam das Gipfelkreuz des Täschhorns durch Blitzeinschlag zu Schaden. Es war 1980 im Atelier Theo Imboden geschmiedet und anschliessend von Täscher Bergführern errichtet worden. Helmut Lerjen und sein Cousin, Bergführer und Bergretter Urs Lerjen, demontierten im Herbst 2011 das 150kg schwere Gipfelkreuz und transportierten es mit Helikopter zur Schlosserei Gebr. Konstanz und Gottfried Willisch, wo es repariert wurde. Im Oktober 2012 brachten es die beiden Bergführer zusammen mit ihrem Führerfreund Gabriel Willisch zurück auf den Gipfel. Beide Bergführer verunglückten wenige Jahre später in den Bergen: Urs Lerjen 2016 am Riffelhorn, Gabriel Willisch 2017 auf dem Höhenweg der Täschalp. „Ich trage beide tief in meinem Herzen, und ich weiss, dass ich sie eines Tages wiedersehen werden“, sagt Helmut Lerjen. „Jeder Mensch hat seine Sanduhr. Wann die abläuft, das befiehlt nur einer.“

Rundflug 

Zur Geschichte: Dom & Täschhorn – Krone der Mischabel. Daniel Anker, Caroline Fink, Marco Volken. Deutsch. AS Verlag, Zürich 2012.